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"Vom Schmerz zur Liebe" - eine systemische Geschichte




Lea saß auf dem dunklen Ledersessel und fühlte sich schwer, als ob all die ungelösten Konflikte ihrer Beziehung mit Marc sie erdrücken wollten. Ihr Herz schlug in einem unregelmäßigen Rhythmus, der sich wie eine Warnung anfühlte. Heute war der Tag, an dem sie zum ersten Mal gemeinsam an einer systemischen Familienaufstellung teilnehmen würden. Ihr letzter Streit hallte noch immer in ihrem Kopf wider, wie ein Echo von all den anderen, die sie in den letzten Jahren geführt hatten.

Marc saß neben ihr, angespannt und schweigend. Seine Hände zitterten leicht, doch er versuchte, es zu verbergen. Lea wusste, dass auch er schwer an seiner Vergangenheit trug. Sie liebten sich, doch immer wieder gerieten sie in zerstörerische Kreisläufe. Grenzüberschreitungen, Vorwürfe und Missverständnisse hatten sich zwischen ihnen aufgebaut wie Mauern.


Die systemische Aufstellerin betrat den Raum und begrüßte beide mit einer sanften Stimme. „Seid ihr bereit?“, fragte sie, und obwohl keine der Antworten laut ausgesprochen wurde, war die Anspannung deutlich spürbar.

Lea begann. „Ich fühle, als würde ein Teil von mir ständig kämpfen. Als könnte ich nicht loslassen, und gleichzeitig überschreite ich oft Marcs Grenzen. Ich will das nicht, aber es passiert einfach.“

Marc schaute sie an, seine Augen voller Schmerz, aber auch Verständnis. „Es ist bei mir ähnlich. Ich fühle ständig diesen Druck, diese innere Wut. Es ist, als hätte ich nie gelernt, anders zu reagieren.“


Die Aufstellerin nickte verständnisvoll. „Oft sind die Konflikte, die wir in Beziehungen erleben, ein Spiegel dessen, was wir in unseren Familien gelernt haben. Manchmal tragen wir nicht nur unsere eigenen Lasten, sondern auch die unserer Eltern und Vorfahren.“ Sie richtete sich an Lea. „Du hast von deiner Mutter gesprochen und von Erlebnissen, die dich tief geprägt haben.“

Lea senkte den Blick. Ihre Mutter war eine dominante Frau gewesen, die sich oft in ihr Leben eingemischt hatte, und als Kind war sie Missbrauch und emotionaler Kälte ausgesetzt gewesen. „Ja, meine Mutter ... sie war immer da, immer über mir, und ich konnte nie wirklich ich selbst sein.“


Die Aufstellerin stellte Figuren auf den Boden – symbolische Repräsentationen der Mutter, des Vaters und von Lea als Kind. Sie bat Lea, ihre Position im Raum zu wählen. Zögernd stellte sie sich vor die Figur ihrer Mutter, doch die Distanz fühlte sich zu gering an. Sie machte einen Schritt zurück, dann noch einen. In diesem Moment wurde ihr bewusst, wie nah ihre Mutter ihr immer noch war – emotional.

Tränen füllten Leas Augen. „Ich will das nicht mehr. Ich will nicht mehr unter ihrem Schatten stehen.“ Die Aufstellerin in nickte. „Erkenne, dass du nicht ihre Last tragen musst. Du bist nicht verantwortlich für das, was sie durchgemacht hat.“ Lea fühlte, wie eine Welle der Erleichterung sie durchströmte, als sie die Worte auf sich wirken ließ. Sie konnte loslassen.

Nun war Marc an der Reihe. „Mein Vater war ... gewalttätig“, begann er stockend. „Ich habe es nie verstanden. Er hat nie gesprochen, nur geschrien und geschlagen. Und ich ... ich habe diesen Zorn in mir aufgenommen.“

Die Aufstellerin in stellte die Figuren von Marcs Vater und seiner Mutter auf. Marc blickte sie an, sein Körper war starr vor unterdrückter Wut. Langsam nahm er einen tiefen Atemzug und trat vor die Figur seines Vaters.

„Ich bin nicht du“, sagte er leise, fast flüsternd, doch die Worte hallten stark durch den Raum. „Deine Wut ist nicht meine. Ich werde nicht so sein wie du.“

In diesem Moment spürte Marc, wie sich etwas in ihm löste. Die Last, die er so lange getragen hatte, begann sich zu heben, und er sah sich selbst klarer – als Mann, der lieben und mitfühlen konnte, nicht als Spiegelbild seines Vaters.

Die Aufstellung endete mit einem tiefen Atemzug von beiden. Die Aufstellerin lächelte sanft. „Ihr beide habt den ersten Schritt getan, um eure Vergangenheit zu erkennen. Jetzt könnt ihr beginnen, eine neue Zukunft aufzubauen.“

Auf der Heimfahrt war die Stille zwischen ihnen anders – nicht mehr bedrückend, sondern voller neuer Möglichkeiten. Marc griff nach Leas Hand, und sie spürte eine Wärme, die sie lange nicht mehr gefühlt hatte.

Wochen vergingen. Die Streits wurden seltener, die Grenzüberschreitungen verschwanden. Sie lernten, aufeinander zu achten und einander Raum zu geben. Marc begann, seine Wut durch Gespräche und Sport zu kanalisieren, während Lea sich mehr Zeit für sich selbst nahm, um ihre inneren Wunden zu heilen.

Eines Abends, als sie zusammen auf dem Sofa saßen und der Sonnenuntergang das Zimmer in warmes Licht tauchte, schaute Lea Marc an. „Ich hätte nie gedacht, dass wir das schaffen könnten.“

Marc lächelte. „Ich auch nicht. Aber ich weiß jetzt, dass Liebe nicht nur das bedeutet, was man für den anderen empfindet, sondern auch, was man für sich selbst tut.“

Lea lehnte sich an ihn und schloss die Augen. Endlich hatte sie das Gefühl, angekommen zu sein – bei ihm und bei sich selbst.

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